Männer sind total interessant für den kleinen Prinzen. Und zwar so sehr, dass er sich von (für ihn) Wildfremden auf den Arm nehmen lässt. Zum Beispiel vom Chef vom besten Ehemann und Papa von allen. Oder dem Papa einer Kindergartenfreundin von Mia. Oder dem Mann meiner Lieblingsfreundin, den er sicher ein halbes Jahr nicht gesehen hat (eine Ewigkeit also, wenn man bedenkt, dass er erst neun Monate alt ist).
Er kuschelt sich sogar richtig hin. Und muss erst einmal überlegen, ob er wieder zur Mama zurück will!

Bei Frauen ist die Sache schon wieder ganz anders: auf Armeslänge entfernt flirten ist OK. Da lacht er verschmitzt zurück.
Nach einer Zeit darf ihn die Eine oder Andere auch mal angreifen – kurz streicheln, ein bisschen kitzeln, das reicht! Aber wehe, die Dame kommt auf die Idee, ihn auch mal halten  zu wollen. Weder meine Lieblingsfreundin, die er schon immer kennt, noch eine liebe S., die wir fast jeden Tag sehen, dürfen ihn halten. Sofort geht die Sirene los und er möchte unbedingt wieder zu mir zurück.
Außerdem scheint er richtig eifersüchtig zu sein: als ich gestern meine liebste Freundin ein bisschen länger gedrückt habe, war ihm das gar nicht recht – meine Mama!

Kinder sind ihm generell sympathisch. Er freut sich über die Aufmerksamkeit, interessiert sich für Burschen und Mädchen gleichermaßen – am meisten natürlich für seine große Schwester, die er abgöttisch liebt und vermisst – und sogar sucht -, wenn sie nicht bei ihm ist.

Seinen Papa aber liebt der kleine Mann über alles! Wenn er abends nach Hause kommt, kann der Kleine es kaum abwarten bis der Große endlich geduscht ist und runterkommt! Und dann gibt’s kein Halten mehr: er muss unbedingt seinen Papa haben.
Ich bin dabei Nebensache. Ein Möbelstück. Eigentlich unnötig. Aber halt auch da.
Wenn ich weggehe, weint er mir keine Träne nach. Der beste Ehemann und Papa von allen darf aber nicht so einfach weggehen; da protestiert er heftig!

Eine Zeit lang hat mir das wirklich weh getan. Ich kümmere mich den ganzen Tag um unsere Zwerge. Bin immer da, wenn eins der beiden mich braucht. Trage den Prinzen mit mir herum oder laufe ihm hinterher, damit er das Gehen üben kann.
Und dann das: ich bin Luft für ihn!

Dem besten Ehemann und Papa von allen ist das natürlich nicht verborgen geblieben und hat mich getröstet. Er weiß ja, wie das ist: Mia hat ihn sehr lange Zeit einfach ignoriert, wenn er heimgekommen ist …
Immerhin vergewissert er sich mit einem kurzen Blick bei mir, ob es eh in Ordnung ist, wenn er den „Träger“ wechselt.
Immerhin bin ich die einzige Frau, bei der er nicht weint, wenn er hochgenommen wird (außer, er hatte grade was anderes vor 😉 ).
Immerhin freut er sich über jede Langhaarige; solange, bis sie sich umdreht und Nicht-die-Mama ist …

Mittlerweile kann ich viel besser damit umgehen, auch wenn es mir immer noch nicht egal ist und vermutlich auch nie sein wird.
Dieses „Am-Papa-Hängen“ hat nämlich auch seine guten Seiten: ich kann mich täglich für eine Stunde frei bewegen, kann mir der großen Prinzessin kuscheln, spielen, und sie für’s Bett fertig machen.
Ich kann am Wochenende einen ganzen Tag lang arbeiten gehen, ohne ein schlechtes Gefühl im Bauch zu haben: Weint der Kleine, weil ich weg bin? Vermisst er mich?

Ich bin mir nur nicht sicher, warum er so unterschiedlich auf Männer und Frauen reagiert.
Vertraut er mir so sehr, dass er es wagen kann, sich auch andere Menschen anzuschauen? Warum dann nur Männer?
Vertraut er mir so wenig, dass er jemanden sucht, der größer und stärker ist als ich? Warum dann auch Männer, die kleiner als ich oder gleich groß sind?
Habe ich mich am Anfang zu wenig um ihn gekümmert? In den ersten paar Wochen hat ihn oft der beste Ehemann und Papa von allen oder der Opa getragen (den er übrigens genauso sehr liebt, wie seinen Papa).
Habe ich zu früh begonnen, wieder ins Training zu gehen? Nach nur drei Monaten habe ich beide Kinder einmal die Woche für drei Stunden bei den Großeltern gelassen. Beim ersten Mal hat der kleine Prinz noch geweint, als ich gegangen bin, dann nicht mehr…